Hochwasserschutz an den Bonner Bächen
Mit zahlreichen Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Infrastruktur wurde entsprechende Vorsorge getroffen oder Schritte dazu eingeleitet. Neben der Erweiterung des Informationsangebotes konnten durch umfangreiche bauliche Schutzmaßnahmen an den Bonner Bächen bereits Überschwemmungsrisiken verringert und somit mögliche Schäden reduziert werden.
Eine Bitte an Privateigentümer*innen: Lagern Sie im Bereich von Gewässern auf eigenem Grund und Boden kein Material, das als Treibgut an anderen Orten Schaden anrichten kann.
Hochwasserschutzkonzepte
Hochwasserschutzkonzepte werden genauso wie für den Rhein auch für kleine Bäche und deren Einzugsgebiet erstellt. Gegenstand eines Hochwasserschutzkonzeptes ist die Prüfung aller möglicher Maßnahmen, wie beispielsweise potentieller Rückhaltebecken, Änderungen in der Landnutzung, technischem Hochwasserschutz, wie Hochwasserschutzmauern, Entlastungskanäle oder ähnliches, hinsichtlich ihrer Effektivität, Genehmigungsfähigkeit, Flächenverfügbarkeit sowie Wirtschaftlichkeit.
Ziel eines Hochwasserschutzkonzeptes ist verschiedene Maßnahmen so miteinander zu kombinieren, dass ein möglichst effektiver Hochwasserschutz gewährleistet ist und die Hochwassergefahr im Gebiet reduziert wird. Ein 100-prozentiger Schutz vor Überflutungen wird allerdings nie möglich sein.
Mehlemer Bach
Die Starkregenereignisse mit schweren Überschwemmungen der vergangenen Jahre 2010 und 2013 haben im Umfeld des Mehlemer Baches sowohl in Bonn-Mehlem als auch in der Gemeinde Wachtberg ihre Spuren hinterlassen.
Auf Initiative der Stadt Bonn und der Gemeinde Wachtberg wurden nach dem Extremhochwasser von 2010 die Erstellung der Hochwassergefahrenkarten durch die Bezirksregierung Köln vorgezogen und 2012 abgeschlossen. Nach dem Unwetter am 20. Juni 2013, bei dem durch Überflutungen im Bereich des Mehlemer Bachs nach 2010 erneut große Schäden entstanden sind, wurde eine „Hochwasserpartnerschaft“ zwischen Bonn und Wachtberg vereinbart, um die Menschen im Einzugsgebiet des Mehlemer Bachs künftig besser vor Überflutungen zu schützen.
Bau des Entlastungskanals für den Mehlemer Bach
Das Tiefbauamt der Stadt Bonn hat für den Mehlemer Bach von der Bachemer Straße über die Meckenheimer Straße, unter den DB-Gleisen und der B9 hindurch und durch den Drachensteinpark einen Entlastungskanal mit einer Gesamtlänge von rund 1000 Metern und einem Durchmesser von bis zu drei Metern gebaut. Dieser ist in der Lage, Niederschlagsmengen in dem Ausmaß des Unwetters vom 3. Juli 2010 - rund 54 Kubikmeter Wasser pro Sekunde - vor dem Mehlemer Ortskern schadfrei abzufangen und direkt in den Rhein abzuführen.
Bei dem Starkregenereignis im Juli 2021 hat sich der Entlastungskanal bewährt.
Godesberger Bach
Der Godesberger Bach trat infolge des Starkregenereignisses 2016 über seine Ufer und verursachte starke Schäden an Gebäuden und Infrastruktur. Unter anderem wurden die Tiefgarage der Fronhof Galeria und die Innenstadt überflutet.
In der Folge wurde auch hier das Überschwemmungsgebiet des Godesberger Bachs durch die Bezirksregierung Köln überarbeitet und 2021 neu ausgewiesen. Gleichzeitig haben die Gemeinde Wachtberg und die Stadt Bonn in ihrer Hochwasserpartnerschaft ein Hochwasserschutzkonzept in Auftrag gegeben, um die Überflutungsgefahr in Zukunft reduzieren zu können und die Anwohnenden bestmöglich vor weiteren Überflutungen zu schützen.
Endenicher Bach
Zwischen 1961 und 2004 kam es im Endenicher Ortskern immer wieder zu größeren Überschwemmungen. Der Endenicher Bach trat mehrmals über die Ufer und verursachte erhebliche Schäden. Daher wurde der Bach auf Beschluss der Bezirksvertretung Bonn bis 2007 renaturiert, ausgebaut und teilweise offen gelegt.
In der Pastoratsgasse wurde der offene Bach in den 1960er Jahren provisorisch mit einem zu kleinen Rohr angeschlossen, ein Überlauf zum Mischwasserkanal blieb als Notentlastung erhalten. Die Stadt beseitigte diesen Engpass 2006 mit dem Bau eines rund 150 Meter langen, in einer Tiefe von fünf bis acht Metern verlegten und 1,40 Meter im Durchmesser messenden Hochwasserentlastungskanals. Der seitdem offene Bachlauf an der Pastoratsgasse muss nur noch eine verhältnismäßig geringe Wassermenge ableiten, darüber hinausgehende Mengen werden vom Entlastungskanal aufgenommen. Am Eingang zum Kanal Am Burggraben wurden ein neuer Sandfang und ein Rechen installiert. Wasserstände am Rechen werden durch eine Messsensorik kontrolliert.
Neues Gitter verringert Überschwemmungsrisiko
Auch der untere Teil des Gitters am Einlauf des Endenicher Baches in den verrohrten Bereich Am Burggraben wurde erneuert. Diese Maßnahme wird künftig das Überschwemmungsrisiko rund um die Endenicher Burg verringern.
In erster Linie dient der Metallrechen der Sicherheit, um etwa am Bach spielende Kinder vor einem Absturz in den Kanal zu schützen. Gleichzeitig verhindert er auch ein Verstopfen des Kanals durch zu viel Schwemmgut. Die Stäbe des Rechens sind waagerecht angebracht. So kann Schwemmgut aufgefangen werden und das Wasser im verrohrten Bachkanal abfließen. Der Rechen ist nach innen aufschwenkbar, um im Notfall von der Feuerwehr vom Steg aus mit dem Wasserdruck aufgeschwenkt werden zu können. Auch hier werden die Wasserstände am Rechen durch eine Messsensorik kontrolliert.
Neuer Rechen nach innen aufschwenkbar
Der entscheidende Vorteil des neuen Rechens ist: Der untere Teil kann nun nach innen und nicht mehr wie bisher nur gegen den Wasserdruck aufgeschwenkt werden. Außerdem können die im Notfall eingesetzten Kräfte von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk die Vorrichtung sicher vom Steg aus öffnen. Auch dies war bislang so nicht möglich. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass die Stäbe des Rechens nicht mehr - wie bislang - senkrecht, sondern waagerecht angebracht sind. So kann dann Schwemmgut, das in dem verrohrten Bachkanal keine Verstopfungen oder Schäden anrichten kann, gefahrlos abfließen.
Das neue Gitter misst 3,50 Meter mal 80 Zentimeter und kostet rund 2.700 Euro, eine Investition, die sich angesichts der sonst möglichen Schäden sicherlich lohnt. Vor dem Gitter befindet sich wie bisher auch eine Wasserstandsmessung mit Übertragung zur Kläranlage Salierweg.
Hardtbach/Dransdorfer Bach/Rheindorfer Bach
Auch Bonn war von Überflutungen infolge des Starkregenereignisses im Juli 2021 betroffen. Vor allem der Hardtbach im Norden des Bonner Stadtgebiets und auf Alfterer Gemeindegebiet trat über die Ufer und verursachte Überschwemmungen der anliegenden Straßen und Wohngebäude. Ursache für Überschwemmungen an Bächen, wie auch am Hardtbach geschehen, sind meist enge Passagen wie Brücken oder Straßendurchlässe, die durch mitgeschwemmtes Treibgut verstopfen.
Im Rahmen der bestehenden Hochwasserpartnerschaft zwischen Bonn und Alfter wurde ein Hochwasserschutzkonzept für den Hardtbach in Auftrag gegeben. Zusätzlich wird geprüft, ob eine Aufweitung des Durchlasses an der Bahnhofstraße für ein größeres Hochwasserereignis möglich ist, ohne die Überflutungssituation für die weiter unten am Bachlauf liegenden Wohngebiete zu verschärfen. Es gilt dabei zu verhindern, dass es bei entsprechenden Maßnahmen, indem man beispielsweise einen Durchlass vergrößert, an anderer Stelle zu Überflutungen kommt.
Am Dransdorfer Bach wurde mit dem Umbau eines Abschlagbauwerks in den Bonner Randkanal bereits die Überflutungssituation für die Ortsteile am Dransdorfer Bach und in der Folge am Rheindorfer Bach ab der Straße Im Dörnchen bis zur Mündung in den Rhein entschärft. Überschüssiges Bachhochwasser wird ab einer bestimmten Wassermenge abgefangen und in den Bonner Randkanal eingeleitet und Richtung Rhein abtransportiert.
Holtdorfer Bach/Holzlarer See
Bis ins Frühjahr 2023 wurde das Hochwasserrückhaltebecken Holzlarer See umgebaut (größerer Hochwasserstauraum sowie gesteuerter Abfluss), um einen Hochwasserschutz für die Unterlieger für ein statistisch gesehen alle 100 Jahre eintretendes Hochwasser zu sichern.
Alarmsystem an Bonner Bachläufen
Bonn war in den vergangenen Jahren, vor allem in 2010, 2013, 2016 und 2021 von heftigen Starkregenereignissen betroffen. Insbesondere der Mehlemer und der Godesberger Bach und zuletzt der Hardtbach führten durch Überflutungen zu hohen Schäden an Gebäuden und Infrastruktur. Da der technische Schutz bei solchen Niederschlagsereignissen schnell seine Grenzen erreicht, steht vor allem eine frühzeitige Warnung der Bevölkerung im Fokus. Das Tiefbauamt der Stadt Bonn hat daher ein Warnsystem eingeführt, das permanent die Bachpegel mißt und im Ernstfall Meldungen an die Einsatzleitstelle der Feuerwehr sowie an die Rufbereitschaften des Bonner Tiefbauamtes absetzt.
Besonders tückisch ist das Auftreten von sehr kleinteiligen Gewitterzellen mit stark lokal geprägten Wetterlagen. Sowohl am Mehlemer Bach als auch am Godesberger Bach kam es aufgrund dieser lokalen Wetterlagen zu der Situation, dass sich Anlieger bei schönem Wetter im Unterlauf des Einzugsgebietes im Freien aufhielten, während im Oberlauf ein Starkregen niederging, der dann zu erheblichen Überschwemmungen in Wachtberg und Bonn führte.
Im Frühjahr 2017 wurde am Mehlemer Bach die erste Pegel-Messstelle installiert, in der Praxis erprobt und weiterentwickelt. Aufgrund der guten Erfahrungen wurde das System an weiteren überflutungsgefährdeten Stellen am Mehlemer Bach angebracht und im weiteren Verlauf auf den Godesberger Bach, den Endenicher Bach, Hardtbach, Dransdorfer Bach, Rheindorfer Bach sowie den Vilicher Bach ausgeweitet.
Im Fall einer herannahenden Sturzflut trifft die Feuerwehr die Entscheidung zur Auslösung des Sirenenalarms, der Einstellung der Information in die Warn-App NINA und Durchsagen in lokalen Radiosendern. Je nach Lage eines lokal beschränkten Starkregenereignisses im jeweiligen Bacheinzugsgebiet können „Vorwarnzeiten“ zwischen dreißig und 90 Minuten erreicht werden. Genug, um sich in Sicherheit zu bringen. Vorkehrungen zum Schutz der Gebäude sollten die Anliegerinnen und Anlieger dann allerdings bereits getroffen haben.
Starkregenkarten
Auch außer der Reichweite von Flüssen und Bächen können Überflutungen inmitten der Bebauung auftreten. Ist der Boden bei einem Regenereignis erst einmal voller Wasser gesogen oder ereignet sich ein so heftiger Regen, dass der Boden das Wasser nicht schnell genug aufnehmen kann, beginnt das Wasser oberirdisch abzufließen. Dabei bahnt es sich seine Wege in Tiefenlinien hangabwärts, ungeachtet von „Hindernissen“ wie Gebäuden und Straßen.
Die Stadt Bonn hat in 2019 Starkregengefahrenkarten für das gesamte Stadtgebiet erstellen lassen, in denen die Überflutungsgefahr abseits von den Bonner Bächen sichtbar wird. Um die Karten kontinuierlich zu verbessern, werden zusätzlich Starkregenereignisse und dadurch entstandene Schäden dokumentiert und mit den Gefahrenbereichen in den Karten verglichen.
Die Starkregengefahrenkarten stehen im Rahmen der Informationsvorsorge allen Bürger*innen im Stadtplan der Stadt Bonn zur Verfügung.
Zum Schutz vor Überflutungen abseits der Bäche plant das Tiefbauamt ebenfalls Maßnahmen, wie beispielsweise die gezielte Ableitung von Überflutungswasser auf eine Spielfläche in Bonn-Limperich. Bei einem Starkregenereignis im Jahre 2013 wurden dort mehrere Gebäude geflutet, ehe das Wasser an den tiefsten Punkt im Wohngebiet, einem Spielplatz floss.
Das Wasser soll durch Rinnen und Anpassungen der Geländehöhen direkt auf die Spielfläche laufen, ohne die umliegenden Wohngebäude zu fluten. Die Fläche wird für den Zeitraum gesperrt, bis das Wasser dort vollständig versickert ist.
Schutz des Kanalnetzes
In der Bundesstadt Bonn werden Abwasser und Niederschlagswasser über eine sogenannte Mischwasserkanalisation abgeleitet, d.h., auch das anfallende Regenwasser, das nicht versickern kann, wird über die Kanalisation bis in die Kläranlage abgeleitet. Hauptaufgabe der Kanalisation bleibt aber zu allererst, alle Bonner Abwässer bis zu den Kläranlagen abzuleiten, um sie dort zu reinigen.
Im Fall von Regenereignissen kann die öffentliche Kanalisation häufig vorkommende Regenmengen aufnehmen, aber keine Wassermassen bei Starkregen. Die Kanalisation kann dafür auch nicht ausgebaut werden. Zum einen steht in den meisten Straßen kein Raum für größere Kanalquerschnitte zur Verfügung, zum anderen können die Sinkkästen in den Straßen so große Regenmassen gar nicht so schnell aufnehmen.
Eine größere Dimensionierung des Kanalnetzes würde also im Hinblick auf Starkregengefährdung keine Abhilfe schaffen. Kanäle mit sehr großen Durchmessern würden zudem die Wartung und Instandhaltung auch noch deutlich erschweren: Vor allem in Trockenzeiten könnten die Abwasser nicht mehr richtig abgeführt werden. Durch größere Durchmesser der Kanäle würde die Fließgeschwindigkeit des Abwassers im Kanal vermindert und Feststoffe könnten nicht mehr vollständig mit abfließen. Es käme zu häufigeren Ablagerungen im Kanal, einhergehend mit unangenehmer Geruchsentwicklung. Bau und hoher Wartungs- und Instandhaltungsaufwand würden zudem die Abwassergebühren für die Anwohnenden deutlich erhöhen.
Nichtsdestotrotz wurden entsprechend der gesetzlichen Anforderungen in den letzten Jahrzenten, wo möglich, zahlreiche Rückhaltebecken und große Kanalstauräume im Kanalnetz geschaffen. Darin können größere Mengen Regenwasser aufgenommen werden und dann zeitlich verzögert in die Kläranlagen abgeleitet werden. Aber auch diese Stauräume im Kanalnetz können keine Überflutung infolge von Starkregenereignissen verhindern.
Zudem wird das Bonner Kanalnetz permanent auf seine Funktionstüchtigkeit geprüft, in Stand gehalten und erneuert, um das anfallende Regenwasser in der Stadt aufzunehmen und möglichst so abzuleiten, dass keine Schäden durch Überflutung entstehen. An einigen Stellen in Bonn werden auch Rückhaltebecken zur Entlastung des örtlichen Kanalsystems, wie beispielsweise am Hauweg am Venusberg (in Planung) oder in der Scheidfeldstraße in Bonn-Holzlar (im Bau), zur alternativen Regenwasserbehandlung anstelle unterirdischer Lösungen gebaut.
Informationsvorsorge zur baulichen Eigenvorsorge und Verhaltensvorsorge
Im Rahmen der langfristigen Informationsvorsorge zur Eigenvorsorge für betroffene Bürger*innen sowie Unternehmen betreibt die Verwaltung eine kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit zu den Themen Starkregen und Hochwasser und stellt entsprechende Informationen im Internet bereit. So können sich alle Bürger*innen auch außerhalb der Starkregensaison über mögliche Überflutungsgefahren informieren und selbst entsprechende Vorkehrungen im privaten Bereich treffen.
-
www.bonn.de/hochwasser und www.bonn.de/starkregen inklusive weiterführender Links zur privaten Eigenvorsorge und Elementarschadensversicherung sowie Broschüren-Download
-
Veröffentlichung von Starkregen- und Hochwasserkarten unter www.stadtplan.bonn.de (Öffnet in einem neuen Tab). In den Karten können sich alle Bürger*innen über die Gefährdung durch Überflutungen an den Bächen, aber auch abseits davon inmitten der Bebauung, im Stadtgebiet informieren.
-
Die Kampagne „Bonn unterstützt“ ( www.bonn-unter.de (Öffnet in einem neuen Tab)) beinhaltet Informationen zum Hochwasserrisiko am Wohnort, zum baulichen HW-Schutz und Versicherungsmöglichkeiten, sowie weiterführenden Informationen rund um die Themen Hochwasser und Starkregen.
-
technische Beratung zur Grundstücksentwässerung durch Mitarbeitende des Tiefbauamts
-
regelmäßige Pressemitteilungen zur Informations- und Eigenvorsorge