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Bundesstadt Bonn

Leitlinien für Solaranlagen auf Baudenkmalen

Der Rat der Stadt Bonn hat beschlossen, bis 2035 klimaneutral zu werden und das mit dem 1,5°-Ziel des Pariser Klimaabkommens verbundene Rest-CO2-Budget nicht zu überschreiten. Damit hat Bonn es sich zur Aufgabe gemacht, die Strom-, Wärme- und Mobilitätswende noch 10 Jahre schneller zu vollziehen, als dies auf Bundesebene geplant ist. Um den für den heutigen Strombedarf und den für Wärmepumpen und Elektrofahrzeuge zusätzlich erforderlichen Grünstrom zu erzeugen, ist es im eng bebauten urbanen Raum besonders essenziell, solare Strahlung auf möglichst allen solar geeigneten Dachflächen zu nutzen – auch auf Baudenkmalen und in Denkmalbereichen. 

Wir brauchen auch Dächer von Baudenkmalen

In Bonn sind über 4100 Baudenkmale in der Denkmalliste eingetragen. Damit belegt Bonn den dritten Platz in der landesweiten Statistik zum Stand der Unterschutzstellungen (Stand 21.12.2021).

Zusätzlich weisen insbesondere die Gründerzeitviertel besonders große Dachflächen und hinsichtlich Ausrichtung, Dachneigung und Verschattungsgrad überdurchschnittlich große Solar-Potenzialflächen auf. Ein Blick ins Solarkataster NRW offenbart, dass sich über sechs Prozent des solaren Dachflächenpotenzials in Bonn auf Dächern von Baudenkmalen befindet. Da in Bonn als dicht besiedeltem Raum nur wenig Platz für Freiflächen-Solarparks und Windkraftanlagen vorhanden ist, ist die Stadt in  besonderem Maße darauf angewiesen, dass möglichst alle geeigneten Dachflächen solar genutzt werden. Die erneuerbare Energieversorgung hängt insofern auch davon ab, ob auf den Dächern der Denkmale Solaranlagen errichtet werden. 

Denkmalschutz ist gelebte Nachhaltigkeit

Denkmalpflege ist nachhaltig, weil der Abriss von Gebäuden eine erhebliche Menge an Bauschutt erzeugt und der Neubau wiederum mit einem erheblichen Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2) einhergeht. Die im Herstellungsprozess der Baumaterialien erforderliche Energie wird „graue Energie“ genannt. Je länger ein Gebäude genutzt wird, desto geringer ist anteilig die auf die Nutzungsjahre umgelegte graue Energie. Indem der Denkmalschutz die Bausubstanz langfristig erhält, trägt er somit auch zur Konsumwende bei – es wird repariert und saniert, statt der Wegwerfmentalität zu folgen. Ein klarer Beitrag zum Klimaschutz.  

Ist eine Erlaubnis für Solaranlagen an Baudenkmalen erforderlich?

Ja. Wer eine Solaranlage an oder auf einem Baudenkmal, in dessen Umgebung oder in einem Denkmalbereich errichten will, braucht dafür nach dem Denkmalschutzgesetz NRW eine denkmalrechtliche Erlaubnis (§9 DSchG NRW vom 1. Juni 2022). Das gilt sowohl für Photovoltaik-Anlagen zur Solarstromproduktion als auch für Solarthermie-Anlagen zur Warmwasser-Bereitung oder zur Heizungsunterstützung. Zusätzlich gilt diese Erlaubnispflicht auch für Stecker-Solargeräte („Balkonkraftwerke“), welche meist nur aus 1-2 Modulen bestehen und für die Nutzung am Balkon entwickelt wurden, so dass sich auch Mieter*innen und Wohnungseigentümer*innen an der Energiewende beteiligen können. 

Abwägung zwischen Denkmalschutz und Klimaschutz

Laut Erneuerbare-Energien-Gesetz (§ 2 EEG 2023) liegen die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Nutzung der erneuerbaren Energien im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit. Die erneuerbaren Energien sollen insoweit in die jeweils durchzuführende Schutzgüterabwägung als vorrangiger Belang eingebracht werden, bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutral ist. Dies wird aus dem Grundgesetz (Art. 20a GG) abgeleitet.

Der Denkmalschutz genießt in NRW als ebenfalls verfassungsrechtlich geschütztes Kulturgut (Art. 18 (2) Verf NRW) einen vergleichbaren  rechtlichen Rang wie der Klimaschutz. Das Denkmalschutzgesetz NRW hebt seit 2022 hervor, dass die Belange des Klimas und des Einsatzes erneuerbarer Energien angemessen zu berücksichtigen sind (§9 Abs. 3 DSchG NRW). Einen absoluten Abwägungsvorrang der erneuerbaren Energien gegenüber dem Denkmalschutz hat der Gesetzgeber laut Erlass des NRW-Bauministeriums damit nicht vorgesehen. Zwischen beiden Anliegen muss daher abgewogen werden. 

In die Abwägung kann zum Beispiel auch einfließen, dass klimabedingte Extremwetter wie Hitzewellen, Dürren, Starkregen und Überschwemmungen auch Schäden an Denkmalgebäuden anrichten können. Insofern kann der Ausbau der erneuerbaren Energien indirekt auch die Substanz der Baudenkmale schützen.

Wer ist für die Erlaubniserteilung zuständig?

Grundsätzlich ist für die Erlaubniserteilung die Untere Denkmalbehörde (UDB) der Stadt Bonn, angesiedelt im Stadtplanungsamt zuständig für sämtliche Baudenkmale im privaten und städtischen Besitz. Nur im Fall von Baudenkmalen, die sich im Landes- oder Bundeseigentum befinden, wie beispielsweise Gebäude der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), ist für die Erlaubniserteilung die Obere Denkmalbehörde (ODB) zuständig – das ist die Bezirksregierung Köln.

Die Unteren und Oberen Denkmalbehörden treffen ihre Entscheidungen nach Anhörung des zuständigen Denkmalfachamtes – hier das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland (LVRADR). Dieses hat seine fachliche Stellungnahme innerhalb von zwei Monaten abzugeben.
Äußert sich das LVR-ADR nicht innerhalb dieser Frist, kann die Denkmalbehörde davon ausgehen, dass Bedenken nicht bestehen. Wie das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes NRW in seinem Erlass vom 8. November 2022 betonte, ist das LVR-ADR aber keine Erlaubnisbehörde. Die Entscheidung wird vielmehr von der zuständigen Denkmalbehörde getroffen.