Januar 2017: 650 Jahre Pützchens Markt
Im Jahr 2017 begeht Bonn das 650. Jubiläum von Pützchens Markt. Pützchen ist Ortsteil des Stadtbezirks Bonn-Beuel, der Name abgeleitet vom lateinischen puteus, mit der Bedeutung Grube, Pütt, künstlicher Brunnen. Das „St. Adelheid-Pützchen“ wird im Jahr 1367 erstmals urkundlich erwähnt. Der Legende nach begab es sich zu Beginn des 11. Jahrhunderts, dass die Äbtissin Adelheidis während einer Dürre ihren Äbtissinnen-Stab in die Erde stieß und an dieser Stelle eine Quelle entsprang. Die Quelle galt als wundertätig und wurde bald Wallfahrtsort. Im späten 17. Jahrhundert errichtete der Orden der Karmeliter ein Kloster und eine Wallfahrtskirche am Adelheidis-Brunnen. Zu den Wallfahrern gesellten sich Wirte, Krämer, Viehhändler und Kirmesleute.
Mit zunehmender Industrialisierung verlor Pützchens Markt seine Bedeutung als Warenmesse, der Plutenmarkt (Kleidermarkt) ist heute noch Relikt dieser früheren Funktion. Die Kirmes hat ihre Anziehungskraft nicht verloren: Heute ist Pützchens Markt Bestandteil der Vergnügungsindustrie und gehört zur Beueler Tradition wie die Weiberfastnacht. Das Bild aus dem Fotobestand des Stadtarchivs Bonn zeigt namentlich unbekannte Besucher des Pützchens Markt im Jahr 1949 vor einer Berg-und Talbahn.
Quellen
- Pützchens Markt, Studien zur Heimatgeschichte der Stadt Beuel, Joh. Ignaz Schmitz-Reinhard/Herausgeberin: Stadtverwaltung Beuel, 1967.
- Pützchens Markt 1835 / Selbstverlag Hans J. Breitgraf, 2006.
- „Die Beueler Seite ist nun einmal die Sonnenseite ...“/ Herausgeberin: Bonner Geschichtswerkstatt e.V., 1996 / S. 162, Zur Tradition einer Großkirmes, Remig, Dieter.
- https://de.wikipedia.org/
Februar 2017: Franz Fischer feiert seinen 80. Geburtstag
Der bekannte Bonner Fotograf Franz Fischer feierte am 28. Januar 2017 seinen 80. Geburtstag. Geboren in Walsrode (Lüneburger Heide), lebt er seit Mitte der 1970er Jahre in Bonn. Neben seiner beruflichen Tätigkeit im Bundesministerium der Finanzen arbeitete er auch als Fotograf, u. a. für den General-Anzeiger Bonn und diverse Kunstzeitschriften. Im Jahre 1984 ist Fischer zum Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh) berufen worden. Franz Fischers Oeuvre wurde nachhaltig durch die berühmte Fotoausstellung „The Family of Man“ geprägt, die er in den fünfziger Jahren im Essener Amerikahaus sah und seit 2003 zum Weltdokumentenerbe zählt (seit 1994 wird sie als Dauerausstellung im luxemburgischen Clervaux gezeigt). Seit den siebziger Jahren dokumentiert Fischer fotografisch die junge Avantgarde der bildenden Kunst, die auch Theater, Literatur und Musik umfasst. Hier sind vor allem seine Porträts hervorzuheben: Von Joseph Beuys und Christa Wolf, über Herta Müller, Elfriede Jelinek und Günter Grass bis hin zu Ella Fitzgerald und Duke Ellington.
Bereits im Jahre 2010 hatte Franz Fischer dem Bonner Stadtarchiv einen Vorlass übergeben, der aus rund 50.000 Negativen, Abzügen und CDs bestand. Im vergangenen Jahr kam es schließlich noch zu einer weiteren Schenkung, die hauptsächlich die Themen Literatur und Architektur umfasst. Hierdurch ist das Bonner Stadtarchiv im Besitz einer ganz „einzigartige[n] Chronik des Bonner Kulturlebens“ (Heidrun Wirth). Vom 3. Februar bis 9. März dieses Jahres zeigt das Stadtarchiv Bonn im Foyer des Stadthauses die Ausstellung „Begegnungen. Künstlerporträts von Joseph Beuys bis Kurt Masur. Eine Ausstellung des Stadtarchivs Bonn zum 80. Geburtstag von Franz Fischer“, die Dorothee van Rey kuratiert hat.
März 2017: Hans Papes Plakat zum IX. volkstümlichen Bonner Beethovenfest 1939
Die Bonner Plakatsammlung umfasst rund 20.000 Plakate, darunter eines zum IX. Volkstümlichen Bonner Beethovenfest (Signatur 9758), das vom 14. bis 18. Mai 1939 stattfand. Das Plakat mit den Maßen 49,5 cm x 29,1 cm entwarf der Künstler Hans Pape im Auftrag des Städtischen Verkehrsamts Bonn und wurde in der Bonner Druckerei H. Roeder gedruckt. Es zeigt den gezeichneten Kopf von Beethoven als Maske vor einem schwarzen Hintergrund. Hans Pape hat hier die vom Wiener Bildhauer Franz Klein (1779-1840) im Jahre 1812 abgenommenen Lebendmaske Beethovens frei verarbeitet, die eher an eine Totenmaske erinnert - eine typische Ästhetik des Totenkultes, wie sie aus dem Dritten Reich bekannt ist. Der starke Hell-Dunkel-Kontrast in Verbindung mit dem von unten kommenden und somit „erhöhenden“ Licht lässt die prägnanten Züge des Lorbeer bekränzten Kopfes – eine Reminiszenz an das Genie - sehr stark hervortreten. Hierdurch wirkt Beethoven wie ein römischer Imperator und die Dramatik des Plakats wird nochmals gesteigert – ganz im Sinne des Heldenkults der Nationalsozialisten.
Hans Pape (1894-1970), der unter anderem an der berühmten Münchner Akademie für Bildende Künste studierte, machte sich nicht nur als Maler und Grafiker einen Namen, sondern trat auch als Buchillustrator hervor. Papes erste Werke sind expressionistisch beeinflusst und später dann vor allem neusachlich geprägt. Im Jahre 1925 ging er nach Münster und leitete dort an der Werkkunstschule die Klasse für Buchgewerbe und Gebrauchsgraphik. Zeitgleich schloss er sich dort der neusachlich geprägten Künstlergemeinschaft „Schanze“ an, für die er viele Plakate gestaltete. Obwohl die Nationalsozialisten im Jahre 1937 drei von Papes Werken als „Entartete Kunst“ beschlagnahmten, wurde zwei Jahre später sein Plakatentwurf zum Beethovenfest moderner Prägung übernommen, das von der Pianistin Elly Ney im Jahre 1931 ins Leben gerufen worden war.
April 2017: R(h)einperspektiven.
Unter dem Titel „R(h)einperspektiven.“ zeigt das Bonner Stadtarchiv in der Volkshochschule im „Haus der Bildung“ diesen Frühling eine Ausstellung digitaler Fotografien. Viele der rund 60 Bilder des bekannten Bonner Fotografen Volker Lannert wurden bereits im Herbst 2016 im „Haus an der Redoute“ in Bad Godesberg ausgestellt – nun erweitert um einige „brandaktuelle“, die unter anderem die Sprengung des Bonn-Centers zum Thema haben. In eindrucksvoller Weise verdeutlicht Volker Lannert seine persönliche Sicht auf die Stadt Bonn, deren Entwicklung er in den letzten zehn Jahren mit der Digitalkamera festgehalten hat.
So macht die Fotografie „Das im Bau befindliche WCCB-Hotel spiegelt sich im Fenster des Kiosks in der Carl-Carstens-Straße“ aus dem Jahre 2011 auf subtile Weise auf krasse Gegensätze aufmerksam: alt versus neu, klein – groß, organisch – anorganisch, billig – teuer, fertig – unfertig, belebt – unbelebt sowie ländliche Idylle – Metropole.
Der Ausstellungskatalog „R(h)einperspektiven.“ mit informativem Text sowie einer ausführlichen Biographie hat das Stadtarchiv Bonn herausgegeben und ist für 10,00 € im Stadtarchiv, durch Online-Bestellung und im Buchhandel erhältlich. Die Fotoausstellung ist bis zum 4. Mai im Bonner „Haus der Bildung“ (Mülheimer Platz 1) auf den Etagen zwei und drei zu sehen; Öffnungszeiten: Mo.-Fr. 10-18 Uhr und Sa. 10 bis 14 Uhr – Eintritt frei!
Mai 2017: 200. Geburtstag von Alexander Kaufmann
Brandstifter Lenz
„Wohl ist der Lenz ein lieber Bursch
Gar hold und wohlgelitten,
doch hat der Lenz, der böse Lenz,
auch lose, lose Sitten.
Ja, wenn er ein blühendes Rosenhag,
Allein die Flammen entfachte,
das wär' unschuldiger Rosenbrand,
der wenig Schaden machte.
Doch ach die Herzen, drin wilder stets
die Flammen lodern und schlagen –
Brandstifter ist der Lenz, und doch
Geht Keiner, ihn zu verklagen.“
Der Verfasser dieses eigenhändigen, bislang unveröffentlichten Frühlingsgedichtes ist der rheinische Dichter Alexander Kaufmann, der am 14. Mai 1817 in Bonn als Sohn des früheren Maire zu Adendorf, Franz Wilhelm August Nepomuk Kaufmann, und seiner Frau Maria Josefine Maximiliane von Pelzer geboren wurde. Einer seiner Brüder war der Bonner Oberbürgermeister Leopold Kaufmann (1821-1898). Seit 1838 studierte Alexander Kaufmann zunächst Jura sowie später Geschichte und Philologie in Bonn, Berlin und Tübingen. Er war aktives Mitglied des Kinkel’schen Maikäferbundes und lieferte unter dem Namen „Rosenkäfer“ zahlreiche Beiträge für das Vereinsblatt. Durch Vermittlung des Historikers Joseph Aschbach wurde der Dichter 1844/45 Hauslehrer des Erbprinzen Karl von Löwenstein-Wertheim Rosenberg und ab 1850 schließlich fürstlicher Archivrat in Wertheim.
Bereits 1840 veröffentlichte er als Student die ersten Gedichte „Trennung“ und „Heimkehr“ im Rheinischen Jahrbuch und 1850 die erste eigene Schrift über Cäsarius von Heisterbach. In den kommenden Jahren folgten weitere Publikationen, darunter zwei Gedichtssammlungen und die Sammlung der „Mainsagen“. 1857 heiratete Kaufmann die Schriftstellerin Mathilde Kunigunde Amalia Caroline Binder (Dichterinnenname „Amara George“), die Tochter des Nürnberger Bürgermeisters Jakob Friedrich Binder. Am 25. April 1893 erlitt Kaufmann in Wertheim einen Schlaganfall. Im Nekrolog heißt es zum Tod des Dichters:
„Am Montag den 1. Mai, abends 1/4 nach 10 Uhr, entschlief er sanft und friedlich, wie er gelebt, während in den Blüthenbäumen unter dem Fenster eine Nachtigall mit heller Stimme das Erwachen eines neuen Lenzes feierte.“
Der (Brief-)Nachlass des Dichters befindet sich im Staatsarchiv Wertheim. Im Stadtarchiv Bonn wird der Nachlass der Familie Kaufmann, in dem sich auch Unterlagen zu und von Alexander Kaufmann befinden, unter der Bestandssignatur SN 94 aufbewahrt. Die Verzeichnung des umfangreichen Familiennachlasses wird derzeit überarbeitet.
Quellen
- Hermann Hüffer: Nekrolog auf Alexander Kaufmann, in: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 56 (1893), S. 195-204.
- Alfred Friese: Zwischen Bonn und Wertheim – Der Nachlaß des fürstlich
Löwensteinischen Archivrats Dr. Alexander Kaufmann, in: Wertheimer Jahrbuch für Geschichte, Volks- und Heimatkunde des Main-Tauberlandes 1956, Wertheim 1958, S. 49-54.
Juni 2017: Einweihung der Friedrich-Ebert-Brücke vor 50 Jahren
Im Zeitfenster Juni präsentieren das Stadtarchiv und die Stadthistorische Bibliothek Bonn eine Aufnahme aus dem Jahr 1967. Es handelt sich dabei um die Friedrich-Ebert-Brücke, auch bekannt als Nordbrücke. Nachdem die alte Rheinbrücke Ende des 2. Weltkrieges von der Deutschen Wehrmacht gesprengt worden war, ließ die Stadt Bonn unter der Leitung des damaligen Oberbürgermeisters Peter Stockhausen 1949 eine neue Rheinbrücke errichten: die Kennedybrücke. Die Nordbrücke wurde danach am 28. Juni 1967 als zweite Bonner Brücke eingeweiht und wird diesen Monat 50 Jahre alt. Seitdem verbindet sie die nördlichen Teile der Bonner Stadtbezirke Beuel und Bonn und dient als Nordtangente, die die Autobahn A 555 linksrheinisch mit der Autobahn A 59 rechtsrheinisch verbindet.
Nach dem Bau der Brücke erfuhr man zudem eine merkliche Verkehrsentlastung auf den Umgehungsstraßen und in der Innenstadt Bonn. Bei der Brücke selbst handelt es sich um eine sogenannte zweihüftige Schrägseilbrücke, dass heißt sie hat zwei Pylonen an denen Schrägseile jeweils rechts und links hängen, die das gesamte Gewicht der Brücke tragen. Benannt wurde sie übrigens nach dem ersten Reichspräsidenten der Weimarer Republik, Friedrich Ebert.
Zur Information
Im Stadtarchiv Bonn befinden sich Zeitungen der letzten 200 Jahre. Von der Bonner Rundschau über den General-Anzeiger-Bonn bis zur Kölnischen Rundschau sind zahlreiche Tageszeitungen von verschiedenen Verlagen mikroverfilmt vorhanden und können frei eingesehen werden.
Quellen
Umfangreiches Zeitungsarchiv des Stadtarchivs und der Stadthistorischen Bibliothek
Literatur
- Müller, Ernst: Bonner Brückengeschichte : zur Einweihung der Südbrücke am 12. Dezember 1972. In: Bonn : die Illustrierte der Bundeshauptstadt. 1 (1972), 3. S. 10 - 12 [I e 949-1,3-].
- Wikipedia
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Juli 2017: 150. Todestag des Bonner Philologen und Philosophiehistorikers Christian August Brandis
Am 21. Juli 1867 ist der Bonner Philologe und Philosophiehistoriker Christian August Brandis im Alter von 77 Jahren in Bonn gestorben. Brandis war von 1821 bis 1867 als Professor für (antike) Philosophie an der Universität Bonn tätig. Neben seinen Forschungen zu Aristoteles, an dessen umfangreicher Werkausgabe der Berliner „Akademie der Wissenschaften“ er mitwirkte, galt der Bonner Professor vor allem als Kenner der antiken Philosophiegeschichte, zu der er auch sein mehrbändiges Hauptwerk, das Handbuch der Geschichte der Griechisch-Römischen Philosophie verfasste. Als Kabinettsrat König Otto I. hielt sich Christian August Brandis zudem von 1836 bis 1839 in Griechenland auf und wirkte dort beratend beim Aufbau der neugegründeten Athener Universität mit.
Pünktlich zum 150. Todestag des Bonner Philosophiehistorikers Christian August Brandis (1790-1867) ist nach Abschluss umfassender Erschließungsarbeiten nun erstmals dessen wissenschaftlicher Nachlassbestand im Stadtarchiv Bonn für die Öffentlichkeit zugänglich. Mit dem nun vollständig verzeichneten wissenschaftlichen Teilnachlass steht der Forschung und interessierten Öffentlichkeit einer der bedeutendsten Professorennachlässe zur Bonner und deutschen Wissenschaftsgeschichte des 19. Jahrhunderts zur Verfügung.
Der Bestand umfasst über 1.050 Einzeldokumente aus dem Zeitraum von 1805 bis 1867 – einen Schwerpunkt bilden insbesondere Unterlagen aus der Bonner Lehrtätigkeit (z.B. Vorlesungsmanuskripte) sowie Korrespondenz, die Christian August Brandis mit zahlreichen namhaften Wissenschaftlern und Persönlichkeiten seiner Zeit führte, darunter Friedrich Adolf Trendelenburg, Victor Cousin, Georg Benjamin Mendelssohn, Ernst Moritz Arndt, Ernst Curtius, August Wilhelm von Schlegel, Moritz August von Bethmann-Hollweg, Alexander von Humboldt, Friedrich Wilhelm von Schelling, Edward Bouverie Pusey und Christian Karl Josias von Bunsen.
Die Recherche im jetzt schon verzeichneten Nachlassbestand ist sowohl über die Archivdatenbank als auch über ein gedrucktes Findbuch im Lesesaal des Stadtarchivs Bonn möglich. In Kürze wird zudem ein Online-Findbuch im Archivportal „Archive in Nordrhein-Westfalen“ ( www.archive-nrw.de) bereitgestellt.
August 2017: Vom Weinhaus „Badenheuer“ zum Hotel-Restaurant „Bergischer Hof ", Münsterplatz 24
Das Hotel der „Bergische Hof“ entsteht gemäß der Konzessionsakte (Pr 90/815) im Jahre 1905. Bauherr ist Wilhelm Philipp Saure, geboren am 19.02.1869 in Rattlar (Fürstentum Waldeck). 1896 ist er als Kellner nach Bonn in die Remigiusstraße 20 gekommen und arbeitet möglicherweise im dort ansässigen Restaurant von Husemann. 1899 übernimmt er das Restaurant und benennt es in „Hotel Westfalia“ um. Wenige Jahre später, im Jahr 1904, verkauft er diese Liegenschaft an den Warenhausbesitzer Leonard Tietz (spätere Kaufhof AG). Tietz betreibt schon in der Nähe ein Warenhaus und will sich in der Stadt Bonn vermutlich vergrößern.
Saure investiert den Erlös aus dem Geschäft offensichtlich in den Kauf der traditionsreichen „Weinstube Badenheuer“ (Anmerk.: die Familie Badenheuer war seit mindestens 1856 im Besitz des alten Kanonikerhauses, seit 1863 ist eine Gastwirtschaft nachweisbar, 1880 erfolgt die Konzessionierung der Gastwirtschaft. Für einen Hotelneubau an gleicher Stelle nach den Plänen des Architekten Lorenz Fenster lässt er es anschließend abreißen. Saure erweitert in den folgenden Jahrzehnten kontinuierlich das Hotel. 1911 erwirbt er das Haus im Mauspfad 7 und verbindet die beiden Gebäude bis 1914 baulich. Aufgrund der hohen Nachfrage nach Fremdenzimmern kauft er 1926/27 zusätzlich das Haus Münsterplatz 23/23a von der Dortmunder Union Brauerei.
Ursprünglich war dort das Hotel-Restaurant „Alt-Heidelberg“ ansässig. Saure, so steht es im entsprechenden Konzessionsantrag vom 6. März 1926, will es „... zu einem Hotel 1. Ranges mit allen neuzeitlichen Einrichtungen... mit Centralheißung, elektr. Licht, fliessendes kaltes und warmes Wasser sowie Bäder auf jeder Etage...“ nebst modernen Konferenzräumen ausbauen. Nach seinem Tod 1934 führt zuerst seine Witwe Auguste den Hotelbetrieb weiter. 1941 geht die Konzessionierung dann an seinen Sohn Wilhelm Sauer Junior über(Erlaubnisschein vom 4. März 1941). 1953 wächst das Unternehmen um eine weitere Liegenschaft. Saure beantragt nun die Konzessionserweiterung auf das Nachbarhaus Münsterplatz 20, dass er von der Commerzbank für 15 Jahre gepachtet hat.
Mit Ende des Pachtvertrages für das Haus Münsterplatz 20 im Jahr 1968 beginnt der langsame Niedergang des Hotels. Der Eigentümer, die Commerzbank, veräußert das Objekt 1969 an die Kaufhof AG. Es folgen daraufhin Gerüchte, dass auch der Stammsitz des Hotels Münsterplatz 24 zum Verkauf stehe, die W. Saure zunächst noch dementiert, um dann doch 1972 endgültig das Gebäude des alten „Bergischen Hofs“ der Kaufhof AG zu übereignen. Weiterbetrieben wird das Hotel nun von gegenüber, Münsterplatz 23, zusammen mit den „Schwabenstuben“. 1973 wird es an Rolf Hiller verpachtet und nach Ablauf des Pachtvertrages am 29. Dezember 1989 endgültig geschlossen. Die Geschichte des Hotelstammsitzes (Münsterplatz 24 und Mauspfad 7) ist aber schon im Jahr 1976 vorbei, nachdem die Kaufhof AG den ganzen Komplex abreißen lässt und nur die Fassade zum Münsterplatz erhält.
An das große Ansehen des Hotels „Bergischer Hof“, das seinen Anfang und sein Ende eng mit der Entwicklung der Kaufhof AG verknüpfte, erinnert ein Artikel der Bonner Rundschau vom 6. Mai 1969 (N 1990/1016). Demnach nächtigten hier einst nicht nur Staatsgäste, sondern auch die deutsche Nationalmannschaft nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft 1954.
Quellen
- Konzessionsakten Pr 90/815 + N 1990/1016
- Bonner Rundschau (BR) vom 5.9.1953 (ZA 102/427)
- BR vom 15.4.1972 (ZA 124/920) BR vom 5.1.1990 (ZA 142/135)
- Meldekartei Bonn, Wilhelm Saure; Adressbücher
September 2017: Bonn als Kongressstadt 1857
Beim Ordnen einer Sammlung von Kleindrucken wurde ein dünnes Heftchen (16 Seiten) mit dem interessanten Titel „Mooslob“ entdeckt. Dieses enthält ein Gedicht von Dr. Karl Friedrich Schimper: „Auszug, Stücke aus dem noch ungedruckten: Mooslob, oder die schönsten Geschichten der Moose, alte und neue, in Versen für eine junge Dame zu einer eleganten Moossammlung.“ Festgabe für Bonn, September 1857. Das 42-zeilige Gedicht, ein Auszug aus einem geplanten 143-zeiligen, beschreibt verschiedene Moosarten und enthält einen Anhang mit wissenschaftlichen Bemerkungen und den Hinweis, dass der Autor darüber auf einer Naturforschertagung (18. bis 24. September 1857) in Bonn berichtet hat.
Bonn ist schon lange eine wichtige Kongressstadt
Davon zeugen auch die Bestände der Stadthistorischen Bibliothek mit einer reichen Sammlung an Kongressberichten und Kongressprogrammen. So wurde Bonn 1857 Veranstaltungsort für die bis heute bedeutsame interdisziplinäre, seit 1822 jährlich stattfindende „Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte“. Über die Versammlung erschienen begeisterte Berichte: So berichtete die „Bonner Zeitung“ täglich auf der Titelseite über aktuelle Ereignisse, lobte das Interesse und die Teilnahme der Bonner Bevölkerung, elegante Einrichtungen und Dekorationen (außer Tagungsräumlichkeiten waren auch Rathaus, Hotels und viele Privathäuser mit Blumen, Flaggen und Girlanden geschmückt) sowie prachtvolle Ausflüge und Festessen.
Kritische Stimmen wurden laut
Der Reporter der Zeitschrift „Das Jahrhundert“ beschrieb die Einrichtung der Kongressräume als protzig und geschmacklos, die Akustik in den Tagungsräumen als schlecht und die Übersetzungspraxis als fragwürdig. Der an die Kongressteilnehmer verteilte Stadtführer war nur in Französisch verfasst. Die „Begierde der Bonner Teilnehmer sich nur an Festlichkeiten und Ausflügen zu interessieren“ wurde ebenso wie die überhöhten Preise in den Gastwirtschaften und Hotels kritisiert. Die schwarz-weiße Festbeflaggung wurde als Trauerbeflaggung empfunden. Insgesamt bekam Bonn von diesem Journalisten keine gute Note als Veranstaltungsort: „Hier mag zunächst bemerkt werden, daß die alte unfreundliche Stadt Bonn, abgesehen von ihrer ausgezeichneten Lage, kein gut gewählter Ort für die Versammlung gewesen ist ...“.
Der Kongress prägte das städtische Leben
Laut Tagungsbericht nahmen an diesem Kongress außer Ärzten und Naturforschern von nationaler und internationaler Bedeutung aller Fachrichtungen auch Persönlichkeiten des Kulturlebens teil. Unter ihnen der Komponist Johannes Brahms und Geiger Joseph Joachim. Die alphabetische Teilnehmerliste könnte auch als das „Who is Who“ des damaligen Bonner Kultur- und Wirtschaftslebens gelesen werden. Der Kongress mit einer sehr großen Teilnehmerzahl, am Spitzentag mit 1.000 Teilnehmern aus dem In- und Ausland, prägte wochenlang das städtische Leben.
Dr. Karl Friedrich Schimper trägt sein Gedicht „Mooslob“ vor
Dr. Karl Friedrich Schimper (1803 – 1867), der Autor des Gedichts "Mooslob", war einer der Teilnehmer und konnte am zweiten Kongresstag in der Sektion für Botanik und Pflanzenphysiologie sein ausgedrucktes Gedicht verteilen und einen Vortrag über die Morphologie der Pflanzen halten. Er war ein in Fachkreisen anerkannter Forscher. Seine größten Errungenschaften waren: Die Etablierung der Eiszeitlehre, die zur bis heute gültigen Deutung zu der Entstehung der Alpen führte (bis Schimpers Forschungsergebnisse war nicht allgemein bekannt, dass die Erdkugel früher weiträumig von Eis bedeckt war) und die Erklärung der Blattstellung bei Pflanzen durch ein mathematisches Modell, womit er die moderne Pflanzenmorphologie begründete. Seine wissenschaftlichen Erkenntnisse gab er in Vorträgen wieder oder hat sie auf fliegenden Zetteln festgehalten - in Büchern dokumentierte er sie nicht. Seine wichtigsten Veröffentlichungsforen waren die Fachkongresse und Gespräche mit Kollegen.
Oktober 2017: 70 Jahre Städtepartnerschaft Bonn - Oxford
Im Oktober 1947 wurde zwischen Bonn und Oxford auf Initiative des britischen Stadtkommandanten Edward Brown und des damaligen Bonner Oberbürgermeisters Eduard Spoelgen eine Städtepartnerschaft begründet, die 2017 ihr 70-jähriges Bestehen feiert. Sie ist damit eine der längsten internationalen Partnerschaften sowie eine der ersten der Nachkriegszeit in Deutschland. 1971 wurde – vermutlich im Rahmen der damaligen Oxford-Woche – eine Medaille zur „Städtepartnerschaft Bonn-Oxford“ herausgegeben. Im gleichen Jahr erfolgte auch die Umbenennung der früheren Maargasse (zwischen Bertha-von-Suttner-Platz und Sterntorbrücke/Breitestraße) in die heutige Oxfordstraße sowie die Gründung des Oxford Club Bonn.
Die Medaille befindet sich heute im Sonderbestand „Münzen und Medaillen“ des Stadtarchivs Bonn. Die kleine Sammlung mit über 400 Einzelobjekten, darunter einzelne römische und kurkölnische Münzen sowie zahlreiche Medaillen und Sondermünzen zur Bonner Geschichte, geht ursprünglich auf die Münzsammlung des Rechnungsrates und Hauptmanns a. D. August Wuerst zurück, die dieser 1891 dem Verein Alt-Bonn, dem heutigen Bonner Heimat- und Geschichtsverein, verkaufte. Die Sammlung wurde 1922 der Stadt Bonn als Depositum zur Verfügung gestellt und 1934 durch Münzen aus der Sammlung Bachem ergänzt. In den Nachkriegswirren ist diese Ursprungssammlung leider größtenteils verlorengegangen. Die Sammlung „Münzen und Medaillen“ (SN 6) ist vollständig digitalisiert und kann im Rahmen der Öffnungszeiten im Stadtarchiv eingesehen werden.
November 2017: Fotografien von Käthe Augenstein (1899-1981)
Aktuell werden im Berliner Sommerhaus des Impressionisten Max Liebermann am Wannsee bislang unbekannte Fotografien der Fotojournalistin und Porträtistin gezeigt. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen fünf Fotografien, die Käthe Augenstein von Max Liebermann in dessen Atelier am Pariser Platz anfertigte. Sie spiegeln das Charisma und die Lebensweisheit des berühmten Berliner Malers wenige Jahre vor seinem Tod wider. Ein weiterer Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf Fotografien des Berliner Kunst- und Kulturlebens der späten 1920er und frühen 1930er Jahre.
Foto von Louis Douglas und Henry Bender
Die Archivalie des Monats vermittelt einen lebendigen Eindruck von dem vielfältigen pulsierenden Leben in der Großstadtmetropole. Nahezu ein Drittel des Bildes wird von der imposanten Statur Henry Benders (1867-1933) eingenommen, einem weithin geschätzten Komiker, Film- und Theaterschauspieler. Als Spätberufener eröffnete Henry Bender 1929 ein beliebtes Künstlerlokal in der Charlottenburger Bleibtreustraße.
Der Mann links neben Henry Bender steht für eine ganz andere Facette des vielseitigen Berliner Lebens. Es handelt sich dabei um den US-amerikanischen Tänzer, Schauspieler und Choreografen Louis Douglas (1889-1939). An der Seite von Josephine Baker tanzte und choreographierte er die legendäre „La revue nègre“ in Paris. Es war die Atmosphäre in Berlin, die Louis Douglas so sehr gefiel, dass er nach einem Gastspiel einfach in der Hauptstadt blieb und hier als Tänzer, Schauspieler und Choreograph große Erfolge feierte. Die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten führte zu einem abrupten Ende seiner Karriere in Deutschland. Nach einem kurzen Zwischenspiel in Paris musste Louis Douglas Europa endgültig verlassen und kehrte in die USA zurück.
Die Identität der beiden Frauen rechts von Louis Douglas ist noch nicht geklärt. Das Stadtarchiv bittet um Hinweise und freut sich über jeden Tipp, der zur Bestimmung beitragen könnte. Die Archivalie des Monats ist als Teil der Ausstellung im Original vor Ort in der Liebermann-Villa zu bewundern. Die Schau ist noch bis zum 12. Februar 2018 täglich außer dienstags in der Zeit von 11 bis 17 Uhr in der Colomierstraße 3, 14109 Berlin, zu sehen.
Zu Käthe Augenstein
Käthe Augenstein kam 1899 als jüngstes Kind des Bonner Biergroßhändlers Joseph Augenstein in Kessenich zur Welt. Sie wandte sich bereits in ihrer Jugendzeit der Fotografie zu. In ihrer Heimatstadt Bonn pflegte Käthe Augenstein enge Kontakte zur Künstlerszene rund um Hans Thuar, einem führenden rheinischen Expressionisten und Jugendfreund von August Macke. 1927 verließ sie Bonn in Richtung Berlin, um in der pulsierenden Metropole ihre fotografischen Fähigkeiten zu vervollkommnen. Sie besuchte die Meisterklasse am Lette-Verein, eine Kaderschmiede für eine Vielzahl bedeutender Fotografinnen, darunter Suse Byk, Lise-lotte Strelow, Sonja Georgi und Frieda Riess.
Käthe Augenstein wohnte unweit des Berliner Nollendorfplatzes – Zentrum der Bohème und bevorzugtes Quartier vieler Künstler, zum Beispiel Claire Waldoff, Bert Brecht, Erika Mann Else Lasker-Schüler und Werner Scholz. Die Beziehung zu Werner Scholz, einem expressionistischen Maler, ermöglichte Käthe Augenstein den Zugang zur Berliner Künstlerszene.
In diesem Milieu durchlief die junge Rheinländerin in kurzer Zeit die Transformation zu einer unabhängigen, selbstbestimmten und selbstbewussten „Neuen Frau“. Kurz nach dem erfolgreichen Abschluss am Lette-Verein gelingt ihr der Einstieg in die Pressefotografie bei der Agentur Dephot. Diese nimmt als „Schule des modernen Fotojournalismus“ eine Sonderstellung unter den Bildagenturen Berlins ein.
Inmitten bekannter Fotografen wie Umbo, Robert Capa, Kurt Hübschmann, Lux Feininger, Felix H. Man, Harald Lechenperg und Walter Bosshard behauptet sich Käthe Augenstein und wird als einzige weibliche Fotografin in größerem Umfang für die Dephot tätig. Sie fand ihren Schwerpunkt in Porträts bekannter Kulturschaffender und Wissenschaftler, darunter Georg Grosz, Thomas Mann, Renée Sintenis und Milly Steger. Daneben entstanden Fotoreportagen und Essays zu sozialen Themen.
Käthe Augensteins weiterer Lebensweg wird in der vom Stadtarchiv Bonn herausgegeben Publikation nachgezeichnet.
Dezember 2017: Weihnachtsgrüße aus Beuel 1913
Am 15. Dezember 1913 schreibt Otto Renois, der sich in Beuel aufhält, an seinen Freund Willie Hanstein in Neuwied:
„Lieber Willie!...
Deine liebe Karte habe ich erhalten, besten Dank. Du schreibst, das Du Weinachten nach Remagen fahren willst, ich würde ja auch gerne hin kommen, ich habe mich hier ein Püpchen angeschaft, und werde mich wascheinlich in Bonn amüsieren; wenn es Weinachten nicht wird, so wird es den Sommer mahl. Ich habe hier 5 Wochen bei einem kleinen Krauter gearbeitet, bin jetzt in der Möbelfabrik, mir gefällt es sonst gut hier. So wünsch ich Dier ein Fröhliches Weihnachtsfest,
dein Freund Otto.“
Otto Renois wurde am 8. August 1892 in Griesel (Brandenburg) geboren. Durch seinen Beruf als Schreiner kam er während seiner Wanderjahre unter anderem in den Bonner Raum, wo er sich zunächst in Beuel bei einem Kleinkrauter – einem kleinen Handwerksbetrieb – verdingte, bevor er sich ab 1919 schließlich in Bonn niederließ. Von November 1929 bis Februar 1933 war Renois als KPD-Stadtverordneter im Bonner Stadtrat politisch aktiv. Am 30. Januar 1933, dem Tag der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten, tauchte er zunächst unter, wurde aber am 4. April 1933 von bewaffneten NS-Leuten in seiner Wohnung am Jagdweg 45 aufgegriffen und auf der Poppelsdorfer Allee – angeblich auf der Flucht – erschossen. Otto Renois war das erste Bonner Opfer des NS-Regimes. Sein Ehrengrab befindet sich auf dem Poppelsdorfer Friedhof und in Bonn ist eine Straße in Kessenich nach ihm benannt. Vor seinem Wohnhaus wurde 2004 ein Stolperstein verlegt. Die gezeigte Postkarte befindet sich als Neuzugang in der Autografensammlung des Stadtarchivs.