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Die hier präsentierten Menschen - sie sind in Bonn geboren oder haben hier gelebt und gearbeitet - haben in ihrer individuellen Lebenssituation oder in einem bestimmten Moment ihres Lebens auf verschiedene Weisen auf Terror, Überwachung und Unterdrückung reagiert; sie alle widersetzten sich auf ganz unterschiedliche Weise der totalitären NS-Diktatur.
Karl Barth (1886-1968)
- evangelischer Theologe, wurde 1930 als Professor nach Bonn berufen
- Mitbegründer der Bekennenden Kirche
- verlor 1935 seine Professur, da er den Eid auf Hitler nur mit dem Zusatz „soweit ich es als evangelischer Christ verantworten kann“ leisten wollte; offiziell wurde er aufgrund von §6 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums „zur Vereinfachung der Verwaltung“ ohne Angabe von Gründen in den Ruhestand versetzt
Randolph von Breidbach-Bürresheim (1912-1945)
- Jurist, in Bonn geboren
- Mitarbeiter des Münchner Rechtsanwalts und Widerstandskämpfers Dr. Josef Müller ("Ochsensepp"); schickte Berichte (Breidbach-Berichte) über Verbrechen der Wehrmacht an der Zivilbevölkerung an Josef Müller
- Haft; trotz Freispruchs Überführung ins KZ Sachsenhausen
- starb kurz nach der Befreiung durch sowjetische Truppen
Fritz Faust (1880-1939)
- Stuckateur
- Bonner KPD-Kommunalpolitiker, Mitbegründer („Vater“) der Bonner KPD, Stadtverordneter
- 1933 „Schutzhaft“, 1939 erneute Inhaftierung, Anklage wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“, Tod im Bonner Gerichtsgefängnis
Anton Hensmann (1910-1981)
- Elektromonteur aus Bonn-Beuel
- führendes Mitglied im Bonner KPD-Widerstand
- 1936 wurde er zu sieben Jahren Zuchthaus verurteilt, anschließend KZ Sachsenhausen
Hans Höfs (1906-2001)
- Frisörmeister in Bonn
- sein Engagement gegen das NS-Regime begann nach der Ermordung seines Schwagers Otto Renois, unterstützte die Mitglieder der Markov-Gruppe
- 1935 wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt, 1944 in das Strafbataillon 999 eingezogen
Michael Jovy, Edgar Lohner, Helmut Giesen
- Bonner Jugendgruppe, selbstbestimmte Freizeitgestaltung außerhalb der HJ, obwohl sie allesamt der HJ angehörten
- auf Frankreichfahrten Kontakte zu deutschen Emigranten
Politisierung der Gruppe, Ablehnung des Nationalsozialismus, Schulungsabende, politische Diskussionen - 1939/1940 Verhaftung der Gruppe und Verurteilung vor dem Volksgerichtshof wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“
- Hauptangeklagter Michael Jovy zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt, 1944 Strafbataillon, Desertion
- Edgar Lohner und Helmut Giesen vom Volksgerichtshof zu drei bzw. zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt, dann Strafbataillon: Giesen fällt 1944
Marie Kahle (1893-1948)
- verheiratet mit dem Bonner Orientalistikprofessor Paul Kahle
- half zusammen mit ihrem Sohn Wilhelm ihrer Nachbarin Emilie Goldstein beim Aufräumen ihres Geschäftes nach dem 10. November 1938
- es erschien ein Hetzartikel über sie im „Westdeutschen Beobachter“, man legte ihr nahe, Selbstmord zu begehen
- Flucht mit ihrer Familie nach England
Heinrich Körner (1892-1945)
- christlicher Gewerkschaftsfunktionär in Bonn
- 1933 Verlust des Arbeitsplatzes
- Zugehörigkeit zum „Kölner Kreis“ um Jakob Kaiser und Bernhard Letterhaus; wiederholt Besprechungen von Widerstandskreisen in seinem Haus
- Ende Juli 1944 verhaftet; vom Volksgerichtshof zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt, Strafgefängnis Berlin-Plötzensee
- nach Besetzung durch sowjetischen Truppen beim Verlassen des Gefängnisses unter ungeklärten Umständen erschossen
Ferdinand Kolb (1903-1996)
- Zahntechniker, in Bonn geboren
- führendes Mitglied im Bonner KPD-Widerstand
- 1933 „Schutzhaft“, 1935 Verhaftung
- 1936 zu sechseinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt, anschließend KZ Sachsenhausen
- wurde in der berüchtigten „Dirlewanger-Division“ eingesetzt,
- 1944 zu den sowjetischen Truppen übergelaufen
Karlrobert Kreiten (1916-1945)
- Musiker, in Bonn geboren
- 1943 wegen „defätistischer“ Äußerungen verhaftet, vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und hingerichtet
Paul Langen (1893-1945)
- Volksschullehrer in Holzlar
- 1943 verhaftet, wegen „Wehrkraftzersetzung“ angeklagt
- starb am 17. März 1945 im Gefängnis vor der Selbstbefreiung des Zuchthauses Siegburg
Walter Markov (1909-1993)
- ab 1933 Doktorand an der Bonner Universität
- gründete 1934 studentische Widerstandsgruppe
- Herstellung der Zeitschrift „Sozialistische Republik“, wurde im Bonner Stadtgebiet und darüber hinaus verbreitet
- Kooperation mit der KPD Bonn
- 1936 vom Volksgerichtshof zu zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt, Haftstrafe in Siegburg
- organisierte 1945 Selbstbefreiung der politischen Häftlinge
Josef Messinger (1907-1933)
- Arbeiter, geboren in Bonn-Beuel
- leitete in den 1920-er-Jahren den „Kampfbund gegen den Faschismus“
- Teilnahme am „blutigen Sonntag“ im Dez. 1930, an dem der SA-Mann Klaus Clemens erschossen wurde
- nach der sogenannten Machtübernahme wurde er festgenommen und starb in Folge der Misshandlungen im Zuge der Verhöre wegen seiner Teilnahme am „blutigen Sonntag“; man täuschte einen Selbstmord vor
Robert Oelbermann (1896-1941)
- in Bonn geboren
- Vorsitzender und Mitbegründer des „Nerother Wandervogels“ (Bündische Jugend)
- 1936 Verhaftung und Verurteilung wegen §175, nach Verbüßung „Schutzhaft“
- Tod im KZ Dachau
Hubert Peter (1902-1992)
- SPD-Kommunalpolitiker in Bad Godesberg
- gehörte zum sozialdemokratischen Widerstand, verteilte Flugblätter
- 1933 „Schutzhaft“, 1935 wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu neun Monaten Gefängnis verurteilt
Niels Petersen (1884-1941)
- Bonner Gastwirt, KPD-Mitglied
- seine Gaststätte war Treffpunkt der Bonner KPD
- 1938 wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt; starb an den Folgen der Haft
Otto Renois (1892-1933)
- Modellschreiner
- Bonner KPD-Stadtverordneter
- 1933 verhaftet, auf dem Weg ins Gefängnis erschossen
Josef Roth (1896-1945)
- Volksschullehrer in Friesdorf
- Vorsitzender der Zentrumspartei in Bad Godesberg
- im Rahmen der Aktion „Gewitter“ im August 1944 verhaftet
- starb an den Folgen der KZ-Haft
Heinrich Ruster (1884-1942)
- verbrachte seine Jugend- und Studienzeit in Bonn
- Schriftsteller und Tätigkeit an der staatlichen Bibliothekarsschule
- mehrfach verhaftet wegen „staatsfeindlicher Äußerungen“
- 1940 erbrachte eine Hausdurchsuchung belastende Bücher und Korrespondenzen, die eine Gegnerschaft zum Nationalsozialismus bewiesen
- nach Verbüßung seiner Haftstrafe im KZ Sachsenhausen an „allgemeiner Körperschwäche“ verstorben
Johannes Maria Verweyen (1883-1945)
- Professor der Philosophie in Bonn
- 1934 wegen öffentlicher Kritik am Nationalsozialismus seiner Professur enthoben
- 1941 auf Vortragsreise verhaftet, 1942 KZ Sachsenhausen, hält auch dort Vorträge, 1945 KZ Bergen-Belsen
- verstarb im KZ Bergen-Belsen an Fleckfieber
Franz Gabriel Virnich (1882-1943)
- Jurist, in Bonn geboren
- lehnte den Nationalsozialismus aus seinem katholischen Hintergrund heraus öffentlich ab
- 1934 Flucht nach Holland, regimekritische Publikationen
- 1942 wegen „Volksverrat“ zu zehn Jahren Haft verurteilt; 1943 im Zuchthaus Brandenburg verstorben
Nikolaus Wasser (1906-1973)
- Former, in Bonn geboren
führendes Mitglied im Bonner KPD-Widerstand, druckte und verteilte Flugblätter, war als Kurier tätig - „Schutzhaft“ im KZ Börgermoor, 1936 zu sechseinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt, bis 1942 im Zuchthaus Siegburg, danach KZ Sachsenhausen
Der Begriff 'Widerstand'
Eine Definition des Begriffs „Widerstand“ fällt schwer. In der Forschung wird er häufig und kontrovers diskutiert. Häufig wird auch zwischen Opfern der NS-Herrschaft und Widerstandskämpfern nicht oder nur unscharf unterschieden. Nicht jeder Widerstandskämpfer wurde zum Opfer, nicht jedes Opfer befand sich im Widerstand. Vielfach wird der Versuch unternommen, durch eine Gliederung in Stufenmodellen der Komplexität des Begriffs gerecht zu werden. So reicht das Verständnis von „Widerstand“ in einem sehr weit gefassten Sinn von Nicht-Anpassung - zum Beispiel ein sonntäglicher Gottesdienstbesuch - bis hin zu der Auffassung, dass es sich bei „Widerstand“ ausschließlich um Aktivitäten handelt, die den Sturz des NS-Regimes zum Ziel hatten.
Eine in der Fachdiskussion häufig verwendete, ebenfalls abgestufte Definition des Widerstandsbegriffs fußt auf dem Kriterium, ob eine bestimmte Handlung oder ein bestimmtes Verhalten mit einem Risiko verbunden war (vergleiche Klaus Gotto, Hans Günter Hockerts und Konrad Repgen, Nationalistische Herausforderung und kirchliche Antwort, in: Kirche, Katholiken und Nationalsozialismus, Mainz 1980, Seiten 101-118). Demnach stellt die erste Stufe des Widerstands die Nonkonformität dar, zum Beispiel das Aufregen und Schimpfen über einen hetzerischen Zeitungsartikel. Die nächste Stufe ist die Verweigerung, die passive Nicht-Anpassung. Die dritte Stufe bezeichnen sie als Protest, der öffentlich oder unter Androhung, an die Öffentlichkeit zu gehen, erfolgt. Resistenz, Verweigerung und Protest werden in den Widerstandsbegriff einbezogen, da jede Widerspruchshaltung und Nicht-Anpassung schon dem totalitären Herrschaftsanspruch entgegenstehen. Auf der vierten Stufe steht der aktive Widerstand, der Widerstand im engeren Sinn, der auf den politischen Umsturz des Regimes abzielte.
Die hier dargestellte Auswahl von Bonnerinnen und Bonnern, darunter Studenten, Gewerkschafter, Politiker, Schüler, ein Friseur oder eine Hausfrau, unter ihnen Kommunisten, Sozialdemokraten, Studenten, Mitglieder „alternativer“ Jugendgruppen und Christen, deckt das gesamte Spektrum des Begriffs ab. Hierzu gehören Mitbürgerinnen und Mitbürger, die sich ungeachtet persönlicher Gefahren und Repressalien aus innerer Überzeugung gegen den Unrechtsstaat aktiv zu stemmen versuchten, aber auch Menschen, die weitsichtig und warnend ihre Stimme erhoben, aus persönlichen, politischen, humanitären oder religiösen Motiven heraus im inneren Widerstand bzw. Widerspruch gegen das NS-Regime standen. Im Gedenken an diese mutigen Bonner werden im folgenden einige beispielhaft vorgestellt. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.